Stipendien der Stiftung Niedersachsen am Haus für Medienkunst Oldenburg
Die Stipendien für Medienkunst 2025 gehen an Noah Berrie, Theresa Reiwer und Kwang-Ju Son!
Das Stipendium der Stiftung Niedersachsen im Edith-Russ-Haus für Medienkunst fördert ein breites Spektrum der Medienkunst, von Videokunst und netzbasierten Projekten bis hin zu Audioarbeiten und audiovisuellen Installationen. Jedes der drei Stipendien wird mit 12.500 Euro für die Produktion eines neuen Projekts im Bereich der Medienkunst vergeben.
Die Bewerbung für die Stipendien 2026 wird voraussichtlich von Dezember 2025 bis Februar 2026 möglich sein und hier auf dieser Seite ausgeschrieben werden. Wenn Sie über den Start der Ausschreibung informiert werden möchten, können Sie hier den eMail-Newsletter des Hauses für Medienkunst abonnieren.
Das Statement der Jury 2025:
Für den diesjährigen Preis haben wir eine Rekordzahl von 505 Bewerbungen aus der ganzen Welt erhalten. Die Jury stand vor der großen Herausforderung, aus dieser hohen Zahl von Projektvorschlägen nur drei Stipendienprojekte auszuwählen.
Dabei zeigten sich bestimmte Themen und Fragestellungen bemerkbar, die zeitgenössische Künstler heute beschäftigen. Dazu gehören die Faszination für die zukünftigen Möglichkeiten und die Problematik des Wachstums der künstlichen Intelligenz, die emotionale Sehnsucht nach einer Rückkehr zur Natur im Kontext der Umweltkrise, die Darstellung von Heimweh angesichts globaler Mobilität, die allgegenwärtige, aber schwer fassbare Präsenz von Propaganda, ein neues Interesse an Spiritualität, sowie das Konzept der Entfremdung als eine Grundvoraussetzung menschlicher Existenz.
Nach sorgfältiger Abwägung traf die Jury ihre Entscheidung in der Überzeugung, dass die Zusammenarbeit für die ausgewählten Projekte ebenso entscheidend und verändernd sein würde wie für die Institution selbst.
Das Haus für Medienkunst hat sich im Laufe der Zeit bereits mehrfach neu erfunden. So wurde es unter anderem zu einem Museum, einem Mausoleum und einem Kubus, der mithilfe demokratischer, digitaler Mittel die Autonomie fördert. In diesem Jahr soll es durch das Projekt des jungen US-amerikanisch/britischen Künstlers Noah Berrie in ein Klanginstrument verwandelt werden. ANTIPHON ist eine groß angelegte Klanginstallation, die den Ausstellungsraum in ein lebendiges, resonantes Instrument verwandelt – in ein Werkzeug, durch das die Besucher die Bedeutung ihrer persönlichen Anwesenheit, ihre Wirkung untereinander und auf den Raum erfahren. Im Kern ist dieses Werk ein Zusammenspiel von Architektur, Resonanz und elektromagnetischer Kraft. Das Ergebnis ist eine sich ständig verändernde akustische Umgebung, mal ein sanftes Rauschen harmonischer Obertöne, mal ein dichtes Feld resonierender Metall- und Übertragungsartefakte, das in ständiger Beziehung zu den sich bewegenden Körpern des Publikums steht. Die Arbeit funktioniert sowohl als elegantes Klangerlebnis als auch als ästhetisches Porträt der Architektur, der Institution und ihrer Möglichkeiten. Sie lädt das Publikum ein, nicht nur auf den Klang, sondern auch auf die uns umgebenden Architekturen von Resonanz und Kontrolle zu hören, indem sie das Haus für Medienkunst als Instrument von Signal, Raum und Rückkopplung neu konfiguriert.
Unter den zahlreichen Vorschlägen, die sich mit den politischen und philosophischen Dilemmata im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-Technologien befassen, hat die deutsche Künstlerin Theresa Reiwer mit The World Within – The World Without einen besonders interessanten Beitrag vorgeschlagen. Das Ergebnis wird eine interaktive, mehrkanalige Video- und Gameinstallation sein, die sich mit den gesellschaftlichen Erwartungen an den perfekten Körper sowie dessen Optimierung und Präsentation auseinandersetzt. Die Jury fand den persönlichen und intimen Ansatz besonders ansprechend, da das Projekt auf dem medizinischen Zustand eines nahen Familienmitglieds basiert und relevante Fragen aufgreift: Erhöht das digitale Double nur den Druck auf unseren physischen Körper oder kann es ihn auch entlasten? Gilt dieser Druck nur für Personen, die als weiblich wahrgenommen werden, oder auch für cisgeschlechtliche Männer? Was bedeutet ein dysfunktionaler Körper in einer Zeit des Hyperkapitalismus? Ist es nicht genuin menschlich, nicht perfekt zu funktionieren? Besonders überzeugend an Reiwers Vorschlag ist ihre fantasievolle Erkundung der Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz, um den Zustand ihres Vaters und seine Welt sowohl zu erweitern als auch eingehend zu erforschen. In einer Zeit, in der relativ oberflächliche Darstellungen der Möglichkeiten und Gefahren der KI allgegenwärtig zu sein scheinen, wirkt die Arbeit der Künstlerin innovativ und durchdacht.
Die koreanische Filmemacherin Kwang-Ju Son zeichnet mit The Holy City ein unerwartetes Bild des organisierten Christentums im modernen Korea. „Das koreanische Christentum, ein importierter Glaube, hat historisch gesehen Spannungen mit dem Kolonialismus, der Teilung und der Modernisierung überstanden. Das Projekt untersucht diese ‚Andersartigkeit‘, insbesondere wie das Kreuz, das die moderne Geschichte Koreas verkörpert, wahrgenommen und transformiert wird“, so die Künstlerin in der Bewerbung. Das Filmprojekt untersucht die politische und wirtschaftliche Ausrichtung des Christentums in Südkorea im historischen Kontext, seine aktuelle gesellschaftliche Verankerung – oder auch das Fehlen derselben – und positioniert das Kreuz als kulturelles und historisches Artefakt, das die Transformationen und Verzerrungen der Moderne widerspiegelt. Son untersucht den Einfluss der Religion einerseits als Motor für einen ideologischen Zusammenhalt der Gesellschaft und andererseits als Ursache für soziale Unterdrückung. Wir finden diese mutige Themenwahl und Sons gleichermaßen intelligente wie ambitionierte Form des Filmemachens gerade in dieser Zeit sehr spannend.
Die Jury dankt allen Bewerberinnen und Bewerbern, die uns die Ehre erwiesen haben, Teil dieses Prozesses zu sein.
Die Jury: Nikolett Eross (OFF-Biennale Budapest), Annie Fletcher (Irish Museum of Modern Art), Edit Molnár (HAUS), Marcel Schwierin (HAUS).
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Bisher vergebene Stipendien
2024 | Felipe Castelblanco | Jakrawal Nilamthrong und Kaensan Rattanasomrerk | Yehwan Song
Jury: Joasia Krysa, Edit Molnár, Marcel Schwierin, Uli Ziemons
2023 | Karolina Breguła | Tenzin Phuntsog | Eoghan Ryan
Jury: Zdenka Badovinac, Edit Molnár, Gabriela Salgado, Marcel Schwierin
2022 | Lucy Beech | Silvia Martes | James Newitt
Jury: Sofía Hernández Chong Cuy, Edit Molnár, Lívia Páldi, Marcel Schwierin
2021 | Rana Hamadeh | Jim Jasper Lumbera | Hira Nabi
Jury: Cosmin Costinas, Edit Molnár, Emily Pethick, Marcel Schwierin
2020 | Ayò Akínwándé | Mochu | Clara Jo
Jury: Natasha Ginwala, Robert Leckie, Edit Molnár, Marcel Schwierin
2019 | Kim Schön | Mario Pfeifer | Viktor Brim
Jury: Nav Haq, Edit Molnár, Marcel Schwierin, Monika Szewczyk
2018 | Petra Bauer | Zach Blas | Daniel Jacoby
Jury: Charles Esche, Edit Molnár, Marcel Schwierin, Joanna Sokołowska
2017 | Noor Afshan Mirza/Brad Butler | Stefan Panhans | Shirin Sabahi
Jury: Bassam El Baroni, Edit Molnár, Stefanie Schulte Strathaus, Marcel Schwierin
2016 | Doireann O'Malley | Zorka Wollny | Amir Yatziv
Jury: Sebastian Cichocki, Galit Eilat, Edit Molnár, Marcel Schwierin
2015 | Mahmoud Khaled | Szabolcs KissPál | Anette Rose
Jury: Inke Arns, Nataša Ilic, Edit Molnár, Marcel Schwierin
2014 | Derek Holzer | Ivar Veermäe | Emma Wolukau-Wanambwa
Jury: Renate Buschmann, Claudia Giannetti, Hermann Nöring, Andrea Sick
2013 | Marcello Mercado | Patrícia Reis | Hannes Waldschütz
Jury: Prof. Dr. Norval Baitello Junior, Roberta Bosco, Dr. Claudia Giannetti, Prof. Hartmut Jahn
2012 | Kerstin Ergenzinger | Antoine Schmitt | Christoph Wachter/Mathias Jud
Jury: Agnieszka Kubicka-Dzieduszycka, Ingmar Lähnemann, Domenico Quaranta, Dr. Axel Roch, Rebecca Shatwell
2011 | Darsha Hewitt | Ute Hörner/Mathias Antlfinger | Yunchul Kim
Jury: Ursula Damm, Kristian Lukic, Lars Midboe, Andrea Sick
2010 | HeHe (Helen Evans / Heiko Hansen) | Ralf Baecker | Anahita Razmi
Jury: Andy Cameron, Susan Collins, Steve Dietz, Sabine Himmelsbach, KH Jeron, Ingmar Lähnemann
2009 | Jana Linke | REINIGUNGSGESELLSCHAFT | The SINE WAVE ORCHESTRA
Jury: Graham Harwood, Sabine Himmelsbach, Stephen Kovats, Amanda McDonald Crowley, Yukiko Shikata
2008 | Petko Dourmana | Kristin Lucas | Cornelia Sollfrank
Jury: Sabine Himmelsbach, Dr. Susanne Jaschko, Warren Sack, Annette Schindler, Dr. Stephan Urbaschek
2007 | Jens Brand | Ellen Fellmann | Eddo Stern
Jury: Sabine Himmelsbach, Tom Holley, Christina Kubisch, Björn Melhus
2006 | Annina Rüst | Corinna Schnitt | ubermorgen.com
Jury: Susanne Binas-Preisendörfer, Michael Connor, Sabine Himmelsbach, Karin Ohlenschläger
2005 | Amie Siegel
Jury: Sabine Himmelsbach, Jan Schuijren, Paula von Sydow, Susanne Weirich
2004 | Minerva Cuevas | Calin Dan | Martine Neddam
Jury: Rosanne Altstatt, Sarah Cook, Iris Dressler, Babara Engelbach, Ursula Frohne
2003 | Dave Allen | Bernadette Corporation | Naomi Ben-Shahar
Jury: Rosanne Altstatt, Katja Davar, Gregor Jansen, Maria Anna Potocka, Silke Wenk
2002 | Johan Grimonprez | Dagmar Keller/Martin Wittwer | Florian Zeyfang
Jury: Rosanne Altstatt, Christoph Blase, Josephine Bosma, Linda Anne Engelhardt, Christoph Keller, Sarah Cook, Jens Thiele, Susanne Weirich
2001 | Susanne Weirich